Sportvereinigung Großgräfendorf e.V.

75 Jahre Vereinsfußball in Großgräfendorf - Teil 1

Michael Böldicke, 16.05.2021

Vor 75 Jahren, am 16. Mai 1946 erfolgte die Neugründung unseres im Jahre 1912 aus der Taufe gehobenen Sportvereins. Seit dem wird in Großgräfendorf organisiert Fußball gespielt. Dies nehmen wir zum Anlass, um in den kommenden Wochen auf die fußballerische Vergangenheit des Vereins zurückzublicken.

Der 16. Mai ist aber nicht nur das Jubiläum des 75-jährigen Bestehens der Abteilung Fußball, sondern zugleich das 75. Vereinsjubiläum eines der damaligen Gründungmitglieder. Curt Galander ist nicht nur einer der Männer der ersten Stunde und seit 75 Jahren treues Mitglied, er hat von 1949 bis 1957 sogar acht Jahre die Geschicke des Vereins als Vorsitzender geleitet.

Und nun wünschen wir allen Interessierten viel Spaß beim Eintauchen in die Großgräfendorfer Fußballgeschichte:

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war in Deutschland an einen organisierten Sportbetrieb vorerst nicht zu denken, da die Sportvereine mit der Kapitulationserklärung in allen Besatzungszonen als aufgelöst und verboten galten. Ab Ende 1945 kam es zu einer eingeschränkten Wiederzulassung von Sportorganisationen, den kommunalen Sportgruppen, die allerdings mit einigen Auflagen verbunden war. So rappelte sich die Sportbewegung in den Nachkriegswirren nur mühsam wieder auf, denn eigentlich fehlte es an Allem: An intakten Sportstätten und Sportgeräten, an Trikots, an Sportlern (alleine 31 Sportfreunde ließen im Zweiten Weltkrieg ihr Leben), an der Infrastruktur generell und den Fahrzeugen, um die anderen Vereine in den umliegenden Dörfern zu erreichen. Zudem mussten eben noch einige politische Barrieren überwunden werden, bis ein potentieller Nachfolgeverein für den 1912 gegründeten Jahnschen Turnverein Großgräfendorf gebildet werden konnte.

In der sowjetisch besetzten Zone bestand keinerlei Interesse, im sportlichen Bereich an bürgerliche Traditionen anzuknüpfen. Dementsprechend kam es ab 1946 zur Überführung der kommunalen Sportgruppen in die von staatlichen Organisationen wie Freier Deutscher Jugend (FDJ) und Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB) patenschaftlich betreuten Sportgemeinschaften. Im Merseburger Raum hatte die sowjetische Besatzungsmacht die Anleitung und Kontrolle des Sports der FDJ übertragen. Die Kreisleitung lehnte eine Großgräfendorfer Vereinsgründung mit der Begründung ab, dass zunächst eine Ortsgruppe der FDJ gebildet werden müsste. Unter diesen Umständen konnte nur die Kommandantur, nach der Erfüllung bestimmter Auflagen, eine Genehmigung zur Vereinsgründung erteilen. Mit Unterstützung des Antifa-Ausschusses erreichten der Großgräfendorfer Bürgermeister Andree und Curt Galander schließlich die Zustimmung des zuständigen Kulturoffiziers, nachdem sie die drei vorgegebenen Auflagen erfüllt hatten. Dazu gehörten die Wahl eines politisch unbelasteten Arbeitersportlers zum Vorsitzenden, die Unterstützung bei der Bildung einer örtlichen FDJ-Gruppe sowie die Beteiligung an der Räumung des Flakgeländes an der Sandstraße in Schotterey von Munitionsresten Ostern 1946.

Somit konnte auf Initiative Bodo Käppels, Willi Grübschs, Bruno Scholz’, Johann Kiefers, Curt Galanders und anderen die Neugründung des Sportvereins am 16. Mai 1946 als SG Union Großgräfendorf vollzogen werden. Die zunächst 36 Mitglieder wählten in den Vorstand: Erich Kreische als Vorsitzenden, Kurt Breyer als Kassenverwalter, Curt Galander als Schriftführer, Bodo Käppel als Jugendleiter, Günter Breyer als Spartenleiter Fußball sowie Johann Kiefer als Gerätewart und Trainer.

Nachdem viele Mitglieder dem Krieg zum Opfer gefallen waren, brauchte der neu gegründete Verein fünf Jahre, um das Niveau der Mitgliederzahlen aus der Vorkriegszeit zu erreichen. Die meisten der Unioner interessierten sich allerdings nicht mehr für das Turnen, sondern für Fußball. Ihre Begeisterung erwies sich sogar stärker als eine Reihe objektiver Hemmnisse. Weil ein Platz fehlte, der einen regulären Spielbetrieb erlaubte, wurden die Freundschaftsspiele vor allem auf dem Schottereyer Sportplatz ausgetragen, aber auch in Delitz am Berge und Klobikau. Verkehrsmittel waren Fahrrad und Pferdewagen der Familie Käppel, doch störte die Sportbegeisterten auch der Fußmarsch nicht. Um spielen zu können, musste alles Notwendige in einer Zeit beschafft werden, in der Spirituosen, Tabakwaren, Mehl und Eier die Geldwährung ersetzten. Nur für Naturalien erhielt man Bälle, Schuhe, Fahrradschläuche und Sportbekleidung.

Zu Beginn des Jahres 1949 bestätigten die Vereinsmitglieder in der Februarversammlung den Namen „Union" und beauftragten den Vorstand, die Sparten Geräteturnen, Tischtennis, Leichtathletik und Schwerathletik zu entwickeln. Das Vertrauen erhielten: Curt Galander (Vorsitzender), Bodo Käppel (2. Vorsitzender und Organisationsleiter), Günter Breyer (Schriftführer), Walter Breyer (Kassenwart), Herbert Naumann (Technischer Leiter), Paul Götze (Jugendleiter), Horst Schlegel (Kulturleiter) und Otto Demny (Spartenleiter Fußball)

Optimismus entfachte sich vor allem infolge der Bereitstellung des Sportplatzgeländes am westlichen Ortsausgang durch die Familie Käppel. Dafür kann der Beitrag des Sportfreundes Bodo Käppel nicht hoch genug bewertet werden. Trotz angedrohter Enterbung, rang er der Familie mit Unterstützung des Landtagsabgeordneten Max Schlegel die Zustimmung zum Bodentausch ab.

Mit der Planierung des Spielfeldes wurde im Herbst 1949 begonnen. Dafür standen neben Pferdegespannen kaum Maschinen zur Verfügung. Unter Anleitung von Karl Reichard wurden 1.716 Arbeitsstunden geleistet. Die Einweihung des Großgräfendorfer Sportplatzes erfolgte am 8. Januar 1950. Die Platzherren besiegten Bad Lauchstädt mit 2:0. Die Beschaffenheit des Spielfeldes verbesserte sich mit dem Aussäen von Gras sowie dem Pflanzen von 200 Pappeln und Hecken.

1950 wurden an aktiven Sportlern gezählt: Fußball 47, Kegeln 18, Tischtennis 13, Leichtathletik 12, Schach 9, Geräteturnen 8, Schwerathletik 6.

75 Jahre Vereinsfußball in Großgräfendorf - Teil 1